Ein Kommentar von Maximilian Eitner
Mülheim an der Ruhr – Der Vorfall im Friedrich-Wennmann-Bad in Mülheim, bei dem ein Streit um falsches Schuhwerk zur Schließung des gesamten Bades führte, ist kein Einzelfall. Was sich dort abgespielt hat, erleben wir Rettungsschwimmer und Schwimmbadangestellte immer häufiger – aber es wird selten offen angesprochen.
Ich komme aus einer Schwimmbadfamilie. Mein Großvater war Schwimmmeister, mein Vater Schwimmmeister – und ich stehe heute in dritter Generation als Rettungsschwimmer am Beckenrand. Und ich sage ganz ehrlich:
Der Umgangston und die Akzeptanz von Regeln haben sich spürbar verändert.
Wenn ich jemanden darauf hinweise, dass er mit Straßenkleidung nicht ins Wasser darf, folgt selten ein schlichtes „Okay“ – stattdessen kommt fast immer die Gegenfrage: „Warum?“
Dabei sind die Regeln klar, sie hängen überall. Aber sie werden ignoriert, hinterfragt, abgetan. Und das ist nicht nur anstrengend – es ist gefährlich.
Wir haben einen massiven Fachkräftemangel in den deutschen Bädern. Laut dem Bundesverband Deutscher Schwimmmeister fehlen derzeit bundesweit rund 3.000 Fachangestellte für Bäderbetriebe.
Und ganz ehrlich:
Wer entscheidet sich freiwillig für einen Beruf, in dem man täglich mit Pöbeleien – und im schlimmsten Fall sogar mit körperlicher Bedrohung – rechnen muss?
Die Folge: Immer weniger ausgebildetes Personal, immer mehr Verantwortung auf immer weniger Schultern – und gleichzeitig immer mehr Nichtschwimmer, immer mehr Konflikte und Spannungen im Alltag.
Ein weiteres Dauerproblem ist der Umgang mit Hygienevorgaben. Menschen springen in Unterwäsche oder Alltagsklamotten ins Becken, manche rauchen in den Umkleiden oder filmen andere Badegäste mit dem Smartphone. Auch das ist Alltag – und ein Armutszeugnis.
Wir müssen an den Eingang, nicht nur ins Wasser.
Ich halte es für sinnvoll, wenn an allen Ticketautomaten – wie z. B. im Friedrich-Wennmann-Bad – eine aktive Zustimmung zu den wichtigsten Baderegeln gegeben werden muss, bevor überhaupt ein Ticket ausgegeben wird.
Ein Beispiel:
„Ich habe zur Kenntnis genommen, dass das Betreten der Schwimmhalle nur in geeigneter Badekleidung gestattet ist.“
Klar, verständlich und mehrsprachig: mit eindeutigen Symbolen – auf Deutsch, Englisch und Arabisch. Und das gleich für alle zentralen Regeln:
• Keine Handynutzung in der Halle
• Rauchverbot im gesamten Bad
• Gewalt und Pöbeleien führen zum Hausverbot
Wer diesen Regeln nicht aktiv mit ‚Ja‘ zustimmt, bekommt kein Ticket – und erhält keinen Zutritt. Eine klare Regel, die vorher kommuniziert wurde.
Der Vorteil: Die wichtigsten Verhaltensregeln sind von Anfang an klar. Niemand kann später behaupten, er habe davon nichts gewusst.
Ich wünsche mir eine öffentliche Debatte, die nicht nur Empörung über Vorfälle wie in Mülheim zulässt, sondern endlich auch die Verantwortlichen in Politik und Verwaltung in die Pflicht nimmt:
• für mehr Investitionen in Personal,
• für Schutz vor Übergriffen,
• und für Respekt gegenüber denen, die am Wasser für Ordnung, Sicherheit und Leben sorgen.
Denn eines ist klar:
Wenn der Respekt baden geht, dann ist es nicht nur ein Problem für die Bäder – es ist ein Problem für unsere Gesellschaft.